News -
Sozialversicherung: Statusfeststellungsverfahren für GmbH-Geschäftsführer und Familienangehörige
Pflicht zum Statusfeststellungsverfahren
Besonderheiten bei Familienangehörigen und GmbH-Geschäftsführern
Arbeiten Familienangehörige im Unternehmen mit oder handelt es sich um Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, stellt sich regelmäßig die Frage, ob und inwieweit diese der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Eine fehlerhafte Beurteilung kann schnell teuer werden, wenn rückwirkend für mehrere Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen.
Definition nicht einheitlich
Maßgebend für die Sozialversicherungspflicht ist die Definition einer Beschäftigung in der Sozialgesetzgebung. Danach wird eine Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses ist allerdings weitergehender als der Begriff des Arbeitsverhältnisses. Er umfasst auch Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt, z.B. bei GmbH-Geschäftsführern.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen.
Statusfeststellungsverfahren
Um Haftungsrisiken zu vermeiden, haben Arbeitgeber und Beschäftigte die Möglichkeit, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Entscheidung zu beantragen, ob es sich um eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit handelt. Für bestimmte Personengruppen besteht allerdings kein Wahlrecht. Für diese ist das sogenannte Statusfeststellungsverfahren Pflicht. Betroffene Personengruppen sind hierbei:
• Mitarbeitende Ehegatten
• Mitarbeitende Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes
• Mitarbeitende Kinder bzw. Nachkommen in gerader Linie wie Enkel oder Urenkel
• Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bzw. UG
Um ihren Pflichten zu genügen, müssen Arbeitgeber lediglich bei der erstmaligen elektronischen Anmeldung des Beschäftigten bei der Einzugsstelle ein sogenanntes Statuskennzeichen setzen. Das Programm erkennt, dass es sich um eine der o.g. Personengruppen handelt. Die Einzugsstelle leitet die Meldung an die Deutsche Rentenversicherung Bund weiter. Diese leitet das Statusfeststellungsverfahren ein und wird entsprechende Fragebögen versenden.
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern muss das Statusfeststellungsverfahren oftmals proaktiv von diesen selbst angestoßen werden, da im Regelfall keine Anmeldung bei einer Einzugsstelle vorgenommen wird und somit keine automatische Einleitung des Verfahrens erfolgen kann.
Ergebnis der Prüfung ist dann die Feststellung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegen. Die daraus folgenden Beurteilungen für die einzelnen Zweige der Sozialversicherung müssen Arbeitgeber dann allerdings selbst vornehmen. Eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung erfolgt nicht mehr.
Tritt die Zugehörigkeit zu einer der oben genannten Personengruppen erst im Laufe eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses ein, wird kein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren ausgelöst. Es besteht aber die Möglichkeit, am optionalen Verfahren teilzunehmen.
Alle Änderungen in den Verhältnissen bei einem bereits erfolgten Statusfeststellungsverfahren müssen zwingend der Stelle mitgeteilt werden, die den ursprünglichen Bescheid erlassen hat, damit ein neues Verfahren durchgeführt wird.
Wird bei einer Betriebsprüfung festgestellt, dass für Mitarbeiter der o.g. Personengruppe kein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist, wird dies zwingend im Rahmen der Betriebsprüfung nachgeholt.
Bitte beachten Sie, dass Steuerberater aus berufsrechtlichen Gründen ihre Mandanten im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens nicht vertreten dürfen. Gern vermitteln wir jedoch einen spezialisierten Rechtsanwalt aus der ETL-Gruppe.
Mitarbeitende Angehörige
Die korrekte Beurteilung der Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Angehörigen bereitet häufig Schwierigkeiten, weil deren Arbeitseinsatz sich oftmals unter anderen Bedingungen oder Umständen vollzieht, als dies unter Fremden üblich ist. Der Angehörige kann seine Mitarbeit zudem auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage oder auf familiärer Basis (familiäre Mithilfe) leisten.
Für die Sozialversicherungspflicht muss ein von den Angehörigen ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nachweisbar sein, das insbesondere die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Arbeitgeber voraussetzt. Dafür ist auszuschließen, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen wurde, der Angehörige Mitunternehmer ist oder seine Tätigkeit lediglich eine familiäre Mithilfe darstellt.
Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis kann angenommen werden, wenn
• der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt,
• der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form unterliegt,
• der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird,
• ein der Arbeitsleistung angemessenes (d.h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird,
• von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer (bzw. Abgaben an die Minijobzentrale) entrichtet wird und
• das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird.
Die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, erfolgt jedoch immer anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls.
GmbH-Geschäftsführer
Die Mitarbeit von GmbH-Geschäftsführern kann in verschiedenen Formen erfolgen. Es sind folgende Personengruppen zu unterscheiden:
• Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sind am Kapital der Gesellschaft beteiligte Personen, die zugleich als Geschäftsführer bestellt sind.
• Mitarbeitende Gesellschafter sind am Kapital der Gesellschaft beteiligte Personen, die in der GmbH mitarbeiten, aber nicht zu Geschäftsführern bestellt sind.
• Fremdgeschäftsführer einer GmbH sind Personen, die als Geschäftsführer fungieren, aber nicht gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sind, das heißt nicht an deren Kapital beteiligt sind. Hierunter fallen auch Geschäftsführer, die ohne eigene Kapitalbeteiligung an der GmbH ihrer Familie bestellt sind.
Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine in einer GmbH tätige Person zugleich Gesellschafter der GmbH ist. Auch Gesellschafter-Geschäftsführer und mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH können daher in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis kann bei GesellschafterGeschäftsführern, mitarbeitenden Alleingesellschaftern und Mehrheitsgesellschaftern jedoch aufgrund deren Kapitalbeteiligung oder besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag von vornherein ausgeschlossen sein.
Nur für die Gesellschafter-Geschäftsführer wird zwingend ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt. Wir empfehlen jedoch, dies auch für die anderen mitarbeitenden Gesellschafter zu tun.
Gesellschafter-Geschäftsführer
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die mindestens über 50% des Stammkapitals verfügen oder zwar über weniger als 50% des Stammkapitals verfügen, aber aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag eine umfassende Sperrminorität besitzen, ist aufgrund der besonderen Möglichkeiten der Einflussnahme ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis von vornherein auszuschließen.
Mitarbeitende Gesellschafter Ein mitarbeitender Alleingesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion kann aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position und Leitungsmacht nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Anders bei einem mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafter. Hier ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen. Hier kommt es auf die Möglichkeiten der Einflussnahme des Gesellschafters auf die Geschäftsführung an. Mitarbeitende Gesellschafter, die rechtlich nicht über die Möglichkeit verfügen, Einfluss auf die Weisungen hinsichtlich ihrer Tätigkeit zu nehmen, stehen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
Fremdgeschäftsführer Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Stammkapital der GmbH beteiligt sind, liegt grundsätzlich ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor, weil sie den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegen. Dies gilt auch, wenn sie faktisch „Kopf und Seele“ des Unternehmens sind und besonderes Fachwissen oder langjährige Erfahrung besitzen. Es kommt allein auf die gesellschaftsrechtliche Durchsetzungskraft an, die einem Fremdgeschäftsführer mangels Beteiligung – fehlt.
Das haben wir doch schon immer so gemacht
Die letzte Betriebsprüfung war ohne Beanstandungen und so verlassen sich viele Arbeitgeber darauf, dass alles immer so weiterlaufen kann wie bisher und sie vor Nachforderungen der Sozialversicherungsträger geschützt sind. Doch Achtung - ein Vertrauensschutz, dass Sachverhalte, die in zurückliegenden Betriebsprüfungen nicht bemängelt oder nicht entdeckt wurden, auch in Zukunft nicht beanstandet werden, besteht nicht.
Für bestimmte Personengruppen wie Familienangehörige und GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer werden jedoch seit 2021 im Rahmen jeder Betriebsprüfung Bescheide zum sozialversicherungsrechtlichen Status erlassen, sofern nicht bereits ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt wurde. Dies gibt Rechtssicherheit zumindest für diese Fälle.
Fazit
Bei der Beschäftigung von Familienangehörigen oder Gesellschaftern einer GmbH ist Vorsicht geboten. Sofern nicht ein Statusfeststellungsverfahren aufgrund gesetzlicher Vorschriften sowieso Pflicht ist, empfehlen wir, dieses durchzuführen, um Rechtssicherheit zu erhalten und vor hohen Nachforderungen der Sozialversicherungsträger geschützt zu sein.